Orgel-Blog St. Urban
von Bea Helbling-Wehrli
Verführte Luft
21.02.2015
Führung bei Orgelbau Goll AG in Luzern. Eichenholz, Mammutzahn-Intarsien und Zwetschgenholz, das alles findet sich an und in unserer neuen Orgel, welche bald in St. Urban zu bestaunen sein wird. Am Samstag reisten interessierte Pfarreiangehörige nach Luzern. Alle waren gespannt darauf wie weit die neue Orgel der Pfarrei St. Urban schon gebaut ist.
Herr Simon Hebeisen, Geschäftsführer von Orgelbau Goll begrüsste uns im Innenhof der überschaubaren Werkstatt mitten in Luzern. Also nichts stimmte an meiner Vorstellung, dass ein Orgelbau-Betrieb in einer riesigen Fabrikhalle sein muss. Links vom Innenhof steht das zweistöckige Werkstattgebäude und auf der rechten Seite findet sich das Holzlager mit angebautem Werkstattraum.
Dort begannen wir die Führung, indem wir einen einfachen hohen Raum betraten, in dem es wunderbar nach Holz duftete. Und da stand sie, die Holzhülle unserer St. Urban-Orgel, welche uns schon die ganzen Ausmasse der Orgel verriet. Hier wird die Orgel zurzeit zum ersten Mal zusammengebaut, alles eingepasst, damit die Orgel schlussendlich – zerlegt in Einzelteile – nach den Frühlingsferien den Weg nach Winterthur findet. Die Eichenhülle und die Fichtenteile sind gut erkennbar. Herr Hebeisen erklärte uns, wo das Schwellwerk ist, wie die Luftzufuhr über Windkanäle gewährleistet wird, wo der Elektromotor seinen Platz hat und noch vieles mehr. Die Erklärungen zeigten uns, welch grosses Wissen ein Orgelbauer haben muss, wie komplex alles zusammenhängt, auf was alles geachtet wird. Und es war nun allen klar, was für ein Kunstwerk hier doch entsteht.
Danach schauten wir in die Schreinerei, wo die Registerzüge zur Weiterverarbeitung bereit liegen, im nächsten Raum wird am Windkasten gearbeitet. Wo die Verteilung der Luft im Zusammenspiel der verschiedenen Registern und zu den verschiedenen Orgelpfeifen gewährleistet wird. Die Luft wird sogar verführt! Dann ging es weiter in die Pfeifenwerkstatt. Dort stehen schon viele Orgelpfeifen bereit, sorgfältig verpackt und angeschrieben.
Im oberen Stockwerk steht, zur grossen Freude von Joachim Seefelder, der Spieltisch. Wunderschön sieht er aus, vorne aus Zwetschgenholz, die Registerzug-Knöpfe liegen bereit – kleine Kunstwerke. Auch hier erfahren wir Spannendes zum Material, mit welchem der Spieltisch gebaut wird und den hohen Anforderungen, welche die vielen kleinsten mechanischen Einzelteile erfüllen müssen. Wo das Ebenholz seinen Platz findet, kann ich schon bewundern und die Mammutzahn-Intarsien, werde ich in St. Urban, wohl immer wieder bestaunen.
Es beginnt...
20.04.2015
Montag, 20. April 2015. Die Orgel kommt. Endlich ist es soweit. Unser Kirchenmusiker Joachim Seefelder hat alles vorbereitet. Die Kaffeemaschine, die Kaffeetassen, die Schoggistängeli und die Sandwiches warten auf die Orgelbauer der Firma Goll. Diese sind losgefahren, wurde ihm gemeldet. Und dann kurz vor 12.00 Uhr nachmittags ist der Lastwagen da. In so einem "kleinen" Lastwagen hat unsere ganze Orgel ihren Platz gefunden? Man glaubt es kaum.
Um 13.15 Uhr geht es dann wirklich los. Das Treppengeländer ist losgeschraubt und die Ladeklappe fährt aus und einen ersten "gwundrigen" Blick auf den Inhalt des Lastwagens können wir alle, die da stehen und zuschauen, uns nicht verkneifen. Zuerst ein Foto vor dem Lastwagen und dann werden die Einzelteile der Orgel von den Mitarbeitern sehr vorsichtig und gut überlegt im Kirchenraum ausgelegt. Ganz zum Schluss erst, werden vorsichtig die ersten Metall-Orgelpfeifen aus einer Zinn-/Blei-Legierung in die Kirche getragen. Es handelt sich um die Prospektpfeifen, welche prominent im Frontbereit der Orgel zu stehen kommen. Übrigens, da unser Kirchenraum auch als Saal genutzt wird, kann der Spieltisch und die Prospektpfeifen geschützt werden. Versenkbare Buntglasscheiben werden die Prospektpfeifen schützen, auch diese stehen sorgfältig geschützt bereit.
Die anderen Orgelpfeifen aus Metall werden erst später angeliefert werden. Kurz vor 16 Uhr möchten die Orgelbauer nicht mehr länger warten und beginnen das Fundament der Orgel zusammenzubauen. Morgen geht es weiter...
22.04.2015
Es ist kurz vor der Mittagspause, als ich am dritten Tag des Orgelaufbaus den Kirchenraum betrete. Es ist kaum zu glauben, die Orgel ist in voller Höhe, Breite und Tiefe erkennbar. Es wird schlussendlich eine rein mechanische Orgel mit 25 Registern vor mir stehen.
Vorne ist schon der Spieltisch platziert, welcher schlussendlich mit einem fahrbaren Kubus abgedeckt werden kann. Die Spieltraktur wird von den Orgelbauern gerade eingehängt – zum Glück haben diese mir erklärt, wie man diesen Vorgang nennt.
Bis Ende der ersten Woche sei im Normalfall das Gehäuse aufgebaut, erfahre ich von den erfahrenen Schreinern und Orgelbauern der Firma Goll. Insgesamt dauert der Aufbau der Orgel in der Kirche ca. 2 1/2 bis 3 Wochen. Nach den Pfingsttagen folgt die sechswöchige Intonation.
Die ersten Orgelpfeifen werden eingesetzt
30.04.2015
In der zweiten Woche wird weiter am Orgelgehäuse gebaut, zudem arbeitet nun ein Elektromonteur mit, welcher für die Verkabelung der Orgel verantwortlich ist. Jede Taste und vieles mehr muss verkabelt werden, viel Geduld und Arbeit auf engstem Raum ist für den Monteur angesagt. Auch die Orgelbauer arbeiten die ganze Woche innerhalb der Orgel, bereiten alles vor, damit heute, am Donnerstag in der zweiten Woche des Orgelaufbaus, die ersten Orgelpfeifen eingesetzt werden können. Am Morgen sind schon einige der kleinen Prospektpfeifen eingesetzt. Am Nachmittag ertönt für mich, die ich jeden Tag kurz reinschaue, zum ersten Mal die Orgel. Was für eine Freude.
Es werden zurzeit im hinteren Teil der Orgel erst ausgewählte Orgelpfeifen eingesetzt, welche es zur Installation und Abstimmung der Technik braucht. Die Orgel liegen bis zum Einbau weich gebettet in Holzkisten. Wenn die Intonation beginnt, werden die restlichen Orgelpfeifen Stück für Stück eingesetzt und intoniert.
Am Nachmittag werden die grossen Prospektpfeifen eingesetzt. Endlich kann man sehen, wie die Orgelpfeifen und die farbigen Glasscheiben zusammen wirken. Es ist ein harmonisches Spiel von halbverdeckten und sichtbaren Orgelpfeifen, welches sehr modern wirkt.
Alles ist für die Intonation vorbereitet
09.05.2015
In der dritten Woche ging es um die letzten Arbeiten, den Feinschliff der Orgel, damit nach den Pfingsttagen die Intonation der Orgel beginnen kann. Es wurden von den Orgelbauern bis Ende Woche 470 Orgelpfeifen der insgesamt 1407 Orgelpfeifen in die Orgel eingesetzt. Es handelt sich um die Orgelpfeifen eines Registers, welche zur technischen Feineinstellung benötigt werden. Die Magnete der Pedale mussten eingestellt werden, die Verbundglasscheiben, welche die Prospektpfeifen schützen angeschlossen und getestet und viele weitere wichtige Arbeitsschritte wurden bis Ende dritter Woche beendet.
Die restlichen Orgelpfeifen werden zu Beginn der Intonation angeliefert, damit die beiden Intonateure diese im Laufe der Intonation der Orgel einsetzen können.
Was genau bei der Intonation passiert, wissen allein die Intonateure
21.06.2015
Nach Pfingsten ging es los. Die Intonateurin und der Intonateur der Firma Goll sind eingetroffen und arbeiten seit diesem Zeitpunkt sechs Wochen lang an der Intonation der Orgel. Damit danach alle 1407 Orgelpfeifen, insgesamt 25 Register, auf unseren Kirchenraum abgestimmt, erklingen.
Es wird zuerst Register für Register jede einzelne Orgelpfeife vorgestimmt. Es muss dabei speziell auf die Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse im Kirchenraum geachtet werden. Wichtig ist, dass die Orgel keiner zu tiefen und keiner zu hohen Luftfeuchtigkeit ausgesetzt wird. Da unsere neue Lüftung den Kirchenraum austrocknet, benötigt die neue Orgel eine eigene Befeuchtungsanlage. Die Temperatur ist ebenso wichtig, da müssen die Intonateure jetzt schon einplanen, wie es wohl im Winter bei beheiztem Raum in unserer Kirche temperaturmässig aussehen wird.
Die Orgelpfeifen werden für die Intonation Register für Register in die Orgel eingesetzt. Erst nachdem sämtliche Orgelpfeifen vorgestimmt sind, wird die definitive Stimmung gemacht.
Orgelweihe – ein grosser Tag für unsere neue Orgel
13.09.2015
Am Sonntag, 13. September 2015 fand die Orgelweihe unserer neuen Goll-Orgel statt. Nach dem festlichen Gottesdienst, welcher vom St. Urbanchor und Naoko Okada Rutz als Solistin und Christoph Wartenweiler an der Orgel musikalisch mitgestaltet wurde, durften wir einer Orgelvorführung mit Simon Hebeisen dem Geschäftsführer Orgelbau Goll und Christoph Wartenweiler, Orgelexperte lauschen.
Das Mittagessen für das viele Helferinnen und Helfer verantwortlich zeigten, wurde von vielen Pfarreiangehörigen genossen.
Um 14.00 Uhr lauschten sehr viele Interessierte dem Orgelkonzert mit Christoph Wartenweiler. Ihm kam die Ehre zu, die neue Orgel mit dem ersten Konzert einzuweihen. Dies, so erklärte er den Anwesenden, sei eine besondere Ehre, da er auch in der Orgelkommission dabei sein durfte, wo er die Orgelkommission fachlich beriet. Er schaffte es im Orgelkonzert, dass verschiedene Klangbilder, welche unsere neue Orgel mit ihren 25 Registern malen kann, den Kirchenraum füllte.
Wir haben übrigens schlussendlich eine mechanische Orgel mit 25 Registern, mehr Infos finden sich hier: http://www.goll-orgel.ch/de/orgeln/aktuelles-projekt